Heute gibt es mal wieder etwas für Basketball-Nerds (also vermutlich für ziemlich wenige Leute). Gentlemen, wir leben am Abgrund ist bereits das zweite Buch des Autors Thomas Pletzinger, welches ich auf diesem Blog bespreche. In The Great Nowitzki ging es ebenfalls um Basketball, was bei dem Namen Nowitzki im Titel keine allzu große Überraschung sein dürfte.
Pletzinger begleitete für Gentlemen, wir leben am Abgrund das Bundesliga-Team von Alba Berlin für die komplette Saison 2010/2011. Man könnte es also als ein Deutsche Version von 7 Seconds or Less bezeichnen, als der US-Journalist Jack McCallum die Phoenix Suns für eine Saison begleitete. Im Nachhinein bewies Pletzinger mit der Wahl der Saison ein glückliches Händchen. Man kann sie durchaus als turbulente Saison bezeichnen, mit vielen Höhen und Tiefen, Trainerwechseln, und am Ende fast mit einem Happy End.
Gentlemen, wir leben am Abgrund beschreibt eine turbulente Saison
Zu Beginn der Saison hieß der Cheftrainer Luka Pavicevic, ein im heutigen Montenegro geborener Serbe. Der Trainer ist einer der Stars des Buchs, da er immer wieder für deftige Sprüche und Ansprachen gut ist. Thomas Pletzinger verbrachte während der Saison viel Zeit mit dem Trainerteam und den Spielern. Er fuhr im Mannschaftsbus mit zu den Spielen, war in der Kabine dabei und bekam so einen guten Einblick in das Innenleben eines europäischen Topklubs. Für Basketball-Fans bietet das Buch daher ebenfalls einen Einblick auf die Personen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt.
Interessant war das Zusammenspiel der verschiedenen Nationalitäten im Team. Kader bleiben vor allem im europäischen Basketball selten lange zusammen, viele Spieler erhalten nur Ein- oder Zweijahresverträge. Vor allem die Amerikaner spielen häufig nicht allzu lange für ein und dasselbe Team. Auch während der Saison waren die Kaderplanungen in diesem Falle noch nicht abgeschlossen und es wurden neue Spieler verpflichtet, während andere gehen mussten. Trotzdem kennt man sich, da man sich schon vorher als Gegner gegenüber stand. Es gibt durchaus einzelne Grüppchen, die Deutschen, die Amerikaner, die Serben. Aber schlussendlich sind alle ein Team.
Wie bereits gesagt war es eine Saison voller Höhen und Tiefen. Nach einem guten Start begann eine Talfahrt, die in der Entlassung Pavicevics gipfelte. Mit dem Coach habe ich auch beim Lesen des Buchs durchaus mitgefiebert. Er ist das, was man „ein Original“ nennt, nie um einen guten (und teilweise nicht ganz jugendfreien) Spruch verlegen. Von Pavicevic stammt auch der Satz, der später Titel des Buchs wurde: Gentlemen, wir leben am Abgrund. Die Mannschaft und das Trainerteam schienen sich in Teilen der Saison in der Tat nahe am sportlichen Abgrund zu bewegen.
Vor allem Basketball-Fans werden dieses Buch mögen
Pavicevic wurde durch den israelischen Coach „Muli“ Katzurin ersetzt. Die Mannschaft konnte sich stabilisieren und die Finalserie um die Deutsche Meisterschaft gegen Bamberg erreichen. Das hätten zwischendurch wohl nur noch wenige für möglich gehalten. Dort verlor man zwar im fünften und entscheidenden Spiel, aber die Saison war am Ende doch gerettet.
Als Fazit kann ich nur sagen, dass das Buch für Basketball-Fans sehr interessant ist. Es bietet einen sehr guten Einblick in die Welt des weniger glamourösen europäischen Basketballs (im Vergleich zur NBA). Was sehr gut rüberkam, ist dass der Autor nicht nur ein beliebiger Journalist ist, sondern jemand, der das Spiel kennt und liebt. Ich persönlich habe das Buch innerhalb von zwei Tagen durchgelesen und es war durchaus eines der besten Bücher, die ich bisher zum Thema Sport gelesen habe. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Fans des Sports allgemein, auch wenn sie sich nicht zwangsläufig für Basketball interessieren, Gentlemen, wir leben am Abgrund gut gefallen wird.